Wir stellen Euch die Gewinner:innen des Vectorworks Stipendiums 2023 im Rahmen unserer Blogserie „Vorgestellt und nachgefragt“ vor. Für den dritten Teil haben wir Katharina von Unold und Vincent Wenk, Gewinner:innen des Vectorworks Stipendiums im Bereich Landschaftsarchitektur zur ihrem Entwurf „Zusammen Stadt Alleine – Identität und Gemeinschaft im (Klima-)Wandel“ befragt.
Die beiden Studierenden von der Technsichen Universität München zeigen in ihrem Entwurf die Herausforderungen und Entwicklungsmöglichkeiten der Zeilenbauareale der Nachkriegszeit am Beispiel des Quartiers Lühmannstraße in Hamburg. Im Kontext des nachhaltigen Stadtumbaus Hamburgs spielen diese Siedlungen in der zukünftigen Entwicklung eine Schlüsselrolle. Durch den Entwurf können die bestehenden Defizite Trennung, Homogenität und geringe Qualität der Infrastrukturen behoben und die Freiräume somit den aktuellen Herausforderungen der heterogenen Nutzer:innen und des Klimawandels gerecht werden. Auf der einen Seite sind die Raumkategorien auf andere Wohnquartiere der 50er und 60er Jahre übertragbar. Andererseits machen der Bezug zur Geestlandschaft, die bestehenden Nutzungen und Bewohner:innen vor Ort das Quartier an der Lühmannstraße zu einem einzigarten Wohnort.
© Katharina von Unold, Vincent Wenk
Katharina von Unold, Vincent Wenk
Wir haben Katharina und Vincent zu ihrem Entwurf befragt:
Wie verlief Euer Entwurfsprozess?
„Unser Projektrahmen war für unsere Universität etwas unüblich. Wir haben uns beide unabhängig voneinander die Aufgabenstellung des zweiphasigen Otto Linne Preises als Thema für unsere Masterarbeiten ausgesucht und erst, als wir uns vor Ort in Hamburg beim Rückfragenkolloquium des Wettbewerbs getroffen haben, voneinander erfahren. Nachdem wir schnell gemerkt haben, dass wir ähnliche Ideen und Entwurfshaltungen für das Gebiet teilen, haben wir in Absprache mit Professor Udo Weilacher, der uns bei unseren Arbeiten betreut hat, beschlossen, einen gemeinsamen Entwurf zum Wettbewerb zu entwickeln und parallel je eine eigene theoretische Ausarbeitung in der Form der Masterarbeit zu schreiben.
Nach der Abgabe der ersten Phase wurden wir als eine von fünf der eingereichten Arbeiten zu einer zweitägigen Entwurfswerkstatt nach Hamburg eingeladen, wo wir zusammen mit Fachplaner:innen und Vertreter:innen der Stadt den Entwurf in Bezug auf seine Realisierbarkeit weiterentwickeln konnten. Die finale Entscheidung über den Wettbewerbsgewinner steht Stand heute noch aus. Wir freuen uns aber jetzt schon sehr darüber, die zweite Phase erreicht und gleichzeitig auch hier bei dem Stipendium einen Preis gewonnen zu haben!
Im Entwurfsprozess selbst war uns, neben dem Entwerfen mit Skizzenpapier und Stift, ein einfaches Arbeitsmodell eine große Hilfe, um die städtebaulichen Zusammenhänge und Topografie des Ortes zu verstehen und weiterzuentwickeln. Wir legen beide großen Wert auf analoges Entwerfen; das „Denken mit dem Stift“ und haben erst, als alle Grundideen feststanden, mit dem digitalen Zeichnen und dem grafischen Feinschliff begonnen. Neben den Grafiken und Darstellungen haben wir viel Zeit darauf verwendet, eine überzeugende Sprache und eigene Begrifflichkeiten für unseren Entwurf zu entwickeln. Die Textarbeit ist für uns nicht der letzte Schritt vor der Abgabe, sondern ein wichtiges Arbeitsmittel, um von Beginn an eine überzeugende Geschichte zu erzählen.“
Was gefällt Euch an Eurem Entwurf am besten?
„Wir haben ein klares und einfaches Grundkonzept entwickelt, das uns die Beantwortung der vielen unterschiedlichen Entwurfsfragen erleichtert hat und das Konzept durch seine Wandelbarkeit auf viele andere Orte übertragbar macht. Trotz der vertieften Auseinandersetzung mit Themen wie beispielsweise Topografie, Vegetation und dem Entwerfen von vielfältigen, kleinräumigen Situationen haben wir das Gesamtbild so nie aus den Augen verloren. Vor allem der mutige Anfang, das Quartier ganz neu zu strukturieren und zum Beispiel die dominante Lühmannstraße zu entfernen, hat für viele Diskussionen in der Entwurfswerkstatt gesorgt. Auch dort sind wir immer unseren eigenen Überzeugungen treu geblieben, worauf wir beide sehr stolz sind.“
© Katharina von Unold, Vincent Wenk
Der Gewinner-Entwurf im Bereich Landschaftsarchitektur
Gibt es bei Eurem Entwurf Aspekte, die Ihr im Nachhinein anders angehen würdet?
„Grundsätzlich gibt es bei jedem Entwurf Punkte, die man verbessern oder anders angehen könnte. Ein perfektes Projekt gibt es unserer Meinung nach nicht und je mehr man sich mit einem Ort auseinandersetzt, umso mehr Kritikpunkte findet man in der eigenen Arbeit. Für die Teilnahme bei einem Wettbewerb ist es uns wichtig, sich auf das Wesentliche zu fokussieren und die ‚Fehler‘ anzunehmen und zu akzeptieren, was unser Hauptfokus war. Nichtsdestotrotz teilen wir unsere Gedanken darüber, wie man das Projekt weiterentwickeln könnte, natürlich gerne mit euch:
Für eine zukunftsfähige Stadtentwicklung ist es essenziell, verschiedene Planungsdisziplinen zu verknüpfen und auch die Bewohner:innen vor Ort mit einzubeziehen. Das konnten wir in unserer Arbeit durch das Werkstattverfahren teilweise umsetzen. Durch die Größe des Projektgebietes und der vielfältig betrachteten Aspekte kommen einzelne Themen wie die Prozesshaftigkeit etwas kurz und werfen noch die ein oder andere offene Frage auf. Außerdem würde das Projekt sehr davon profitieren, mit Expert:innen anderer Fachrichtungen wie Architektur und Soziologie weiter oder von Anfang an entwickelt zu werden, wie es beispielsweise bei den Semesterprojekten im 4. Bachelorsemester bei uns an der Universität üblich ist.“
Ihr habt bei Eurem Entwurf auch Vectorworks eingesetzt. Welche Funktion fandet Ihr dabei besonders hilfreich?
„Wir haben mit Vectorworks die Lagepläne, Analysekarten und Grundlagen für das Modell und die Perspektiven erstellt. Das war dank einer Projektdatei, die wir auf OneDrive gespeichert haben, alles kompakt in einem Dokument möglich. Neben den üblichen Funktionen haben wir intelligente Tabellen für die Bestandsanalyse angelegt, um beispielsweise den Versiegelungsgrad oder die GFZ zu untersuchen, und konnten unsere neuen Entwurfsvarianten ohne viel Aufwand im Entwurfsprozess bilanzieren lassen.
Außerdem haben wir mit Renderworks die Gebäudeschatten für den Gesamtlageplan aus dem 3D-Modell des Gebietes rechnen lassen. Die einzelnen Gebäude haben wir dabei mit dem Gebäudetool angelegt und für die Perspektiven einfach Fenster und Balkone ergänzt. Mit Vectorworks sind wir beide in der Zusammenarbeit und dem Austausch sehr gut zurechtgekommen.“
Welche Tipps könnt Ihr Studierenden geben, die darüber nachdenken, sich für das Vectorworks Stipendium zu bewerben?
„Kurz und knapp: Einfach machen! Es ist verhältnismäßig wenig Aufwand und eine tolle Chance, mit den eigenen Studienprojekten, an denen man hart gearbeitet hat, neben Credits in der Uni, einen Preis zu gewinnen und über den Tellerrand der eigenen Uni hinauszuschauen. Das gilt nicht nur für das Vectorworks Stipendium, sondern generell für Studierendenwettbewerbe aller Art, wie in unserem Fall für den Otto Linne Preis.“
Wie sehen Eure Pläne nach dem Studium aus? Welche beruflichen Ziele verfolgt Ihr?
Katharina: „Während des Bachelorstudiums habe ich ein fünfmonatiges Praktikum bei OKRA landschapsarchitecten in Utrecht gemacht und durfte durch verschiedene Projekte schon einiges an Erfahrung in der Praxis sammeln. Nach dem Masterstudium freue ich mich nun, möglichst viele Facetten unseres Berufes kennenzulernen. Ich bin motiviert, in verschiedenen Leistungsphasen tätig zu werden und komplexe Fragestellungen in Bezug auf den Freiraum in Städten zu beantworten. Dabei freue ich mich vor allem darauf, unterschiedliche Orte zu analysieren und spezifische Ideen für diese zu erarbeiten.“
Vincent: „Nachdem ich seit 2017 als Werkstudent im Team von ver.de Landschaftsarchitekten Stadtplaner in Freising arbeite, steige ich dort ab Dezember als Festangestellter ins Berufsleben ein. Mein Schwerpunkt liegt auf dem konzeptionellen Arbeiten und Entwerfen. Ich bin zusammen mit meinem Kollegen Jan Sihler für die Wettbewerbsbearbeitung verantwortlich und freue mich, dort nun richtig durchzustarten. Ein großes Ziel von mir ist es, die Experimentierfreude aus dem Studium mit ins Berufsleben zu nehmen und weiterhin bewusst um die Ecke zu denken und meinen eigenen Überzeugungen in Bezug auf soziale und ökologische Nachhaltigkeit treu zu bleiben.“
Wir wünschen Katharina und Vincent alles Gute auf ihrem Weg!